Lernen, weil ich will
Lernen ist Begegnung und Austausch, fortschreitendes Entdecken und Gestalten unserer Umgebung, das Entdecken von uns selbst in der Beziehung zu anderen und zur Umwelt. Im Geben und Nehmen bilden wir unser Wesen aus und gestalten gleichzeitig unser soziales Umfeld mit. Dafür brauchen wir alters- und entwicklungsgerechte Unterstützung.
Früher hatte das Individuum nur eine geringe Bedeutung, weil alles auf das Überleben der Gemeinschaft bezogen war. In der Moderne trat das Individuum immer mehr in den Vordergrund. Extreme Ich-Bezogenheit führte aber zu immer deutlicher spürbaren Krisen in Familie, Wirtschaft und Gesellschaft. Der Erfolg des Einzelnen ging zunehmend auf Kosten der anderen: „Ich bin wichtiger als die Gemeinschaft.“
Jetzt ist gemeinsame Entwicklung angesagt, in der sich die Einzelnen und die Gemeinschaft gegenseitig in ihrer Entwicklung fördern und unterstützen.
Ziel des Lernens ist es, den Einzelnen gemeinschaftsbezogen zu entfalten und damit den scheinbaren Widerspruch zwischen individueller und kollektiver Entwicklung aufzuheben.
Leistung wird zur Teamleistung und nicht mehr nur zur Einzelleistung – keiner bleibt zurück, da sonst das Ganze leidet.
Erfolgreiches Lernen braucht einen Raum, der geprägt ist von Wertschätzung und Achtung für jeden Einzelnen und für die Gemeinschaft. Der Einzelne kann darin Verbundenheit und Verantwortlichkeit in Bezug auf sich, den anderen und die Gemeinschaft erfahren und lernen. In dieser Verbundenheit entwickelt sich seine Kreativität und die der Gruppe.
„Ich – Du – Wir“
Erfolgreiches Lehren muss neue Formen im Spannungsfeld zwischen höchster individueller Förderung und gleichzeitiger kollektiver Entwicklung ermöglichen. Es zielt immer auf ein Wachstum für alle, während gleichzeitig das Individuum in seinen Fähigkeiten und Kompetenzen gestärkt wird.
Schöpferisches, kreatives Lernen geschieht, wenn sich der Einzelne und die Gruppe für neue, noch unbekannte Lösungen öffnen, die für alle stimmen – dann kommt das Ganze in Fluss und spielerische
Freude am Lernen
entsteht. „Interaktion ist ein Austausch von Energie, bei dem die Energie beider beteiligter Kräfte vermehrt wird.“ (Joseph Chilton Pearce)
Erfolgreich zu lernen und lehren beinhaltet folgende Aspekte:
1. Interesse und Lernbereitschaft wecken
Jedes Kind ist begabt – dies muss jeder Lehrende wissen. Interesse wächst, wenn diese Begabung im Dialog mit dem Kind entdeckt wird. „Begabung ist tiefstes Interesse“ (Johann Wolfgang von Goethe)
Beziehung zwischen Kindern und Eltern/Pädagogen ist die wesentliche Voraussetzung für Lernbereitschaft. Interesse entsteht, wenn der Pädagoge Kontakt herstellen kann, so dass das Kind / der Schüler sich in seiner Begabung und auch in seinen Nöten gesehen fühlt. So entsteht ein Dialog, aus dem heraus Lernprozesse sich entwickeln können.
Um interessiert und lernbereit zu sein, bringen Kinder alles Nötige mit:
- Kinder wollen lernen, entdecken, ausprobieren und riskieren.
- Sie möchten toben, springen sausen, balancieren und ihre Kraft zeigen.
- Sie genießen Stille, Berührung, Ordnung und Kontakt.
- Kinder brauchen Spielräume, Bewegungs- und Begegnungsräume, in denen sie selbst Aufgaben, Regeln und Lösungen entwickeln können.
- Sie wollen gemeinsam Freude und Herausforderung erleben.
- Sie brauchen Freiräume und Grenzen.
- Schüler wollen gerecht behandelt werden und sie wollen als ganze Menschen gesehen werden, nicht nur in ihren Leistungen.
- Sie wollen Lehrer, die ihre Fächer lieben und die Schüler begeistern.
2. Einzigartigkeit des Einzelnen entdecken, erfahrbar machen und fördern.
„Jedes Kind verfügt über einzigartige Potenziale zur Ausbildung eines komplexen, vielfach vernetzten und zeitlebens lernfähigen Gehirns. Ob und wie die Entfaltung dieser Anlagen gelingt, hängt von dem Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit ab. Beides gibt es nur in intensiver Beziehung zu anderen Menschen“ (G. Hüther, Neurobiologe).
3. Verbindung ist die Voraussetzung für Bildung
Es geht darum,
- Verbindung zwischen allen Beteiligten einer Lerngruppe zu schaffen
- eine Kultur der gegenseitigen Unterstützung aufzubauen
- Lernerfolge ohne Zwang und Druck zu entwickeln
Bei Kindern ist es wichtig, Formen zu finden, die auf vorhandenen Fähigkeiten aufbauen, – sie dort abzuholen, wo sie sind. Es geht um:
- Spaß und Freude am Miteinander
- wache Wahrnehmung für sich und andere
- spontanes Reagieren
- Finden eigener, kreativer Lösungen
- Üben der Durchsetzungs-, Anpassungs- und Kooperationsfähigkeit
- Lösen von Konflikten
Eine Rhythmiklehrerin zum Beispiel entwickelt aus diesem „Angebot“ der Kinder Aufgabenstellungen, die sie in ihrer Entwicklung unterstützen und ihr Leistungsvermögen herausfordern und erweitern. Dies beinhaltet immer auch ein aktives Tun – virtuelles Lernen löst nie die Hirnaktivität aus, die entsteht, wenn etwas „mit Hand und Fuß“ getan und erfahren wird.
4. Freude und Begeisterung am Lernen zu schaffen – ein Kind lernt am besten, wenn es glücklich ist!
„Eltern und Pädagogen sollen überraschungsbereit sein, sich beeindrucken lassen von den Fähigkeiten und Begabungen des Kindes. Sie sollten Raum geben für Lust am Entdecken und Gestalten.“ (D. Elschenbroich). Es geht darum, in den jungen Menschen immer wieder den Geist zu wecken, d.h. sie dahin zu führen, dass sie be-geisterte Lerner und Entdecker sind. Das erfordert natürlich, dass der Lehrende selbst neugierig und offen ist und sich vom Gegenüber berühren und begeistern lässt. Kummer und Angst sind dagegen gedächtnisschädigend (Säuglingsforschung: verstärkte Kortisolausschüttung) und verhindern Kreativität.
„Ein Erzieher, der nicht einpaukt, sondern etwas freilegt, der nicht ausquetscht, sondern formt, nicht diktiert, sondern lehrt, nicht fordert, sondern anfragt – der erlebt mit dem Kinde zusammen manchen erschütternden Augenblick…“ (Janusz Korczak).
Aktivitäten
- Coaching
- Lehrer/Erzieher-Kurs: Meditation und Achtsamkeit
- Lehrer/Erzieher-Kurs: Lebensfreude wiedergewinnen
- Fortbildung für Lehrer/Erzieher
- Elternkurs
- Fortbildung für Erzieher
- Kurse für Kinder
- Kurse für Erwachsene
Empfohlene Medien
- Spitzer, Manfred: Wir lernen immer – Gehirnforschung und die Schule des Lebens. DVD (Vortrag 2008). Jokers hörsaal, Auditorium Netzwerk 2008
- Spitzer, Manfred: Erfolgreich lernen in Kindergarten und Schule. DVD (Vortrag 2005). Jokers Edition, Auditorium Netzwerk 2007
- György Hidas und Jenö Raffai: Nabelschnur der Seele. Gießen 2006
- Pearce, Joseph Chilton u. Weber, Ute : Die magische Welt des Kindes und der Aufbruch der Jugend. Arbor 2005
- Korczak, Janusz : Wie man ein Kind lieben soll. Göttingen 199210
- Juul, Jesper : Das kompetente Kind. Reinbek 19977
- Juul, Jesper : Die kompetente Familie. Neue Wege in der Erziehung. München 2007
- Wild, Rebeca : Mit Kindern leben lernen. Sein zum Erziehen. Weinheim 2007
- Wild, Rebeca : „Genügend gute Eltern“: Erwachsene und Jugendliche im Dialog über Lebensprozesse, Schule und Fremdbestimmung. Weinheim 2006
- Kabat-Zinn, Myla & Jon : Mit Kindern wachsen. Die Praxis der Achtsamkeit in der Familie. Freiamt 1997
- Andresen, Ute : So dumm sind sie nicht. Von der Würde der Kinder in der Schule. Weinheim 19989
Empfohlene Seiten und Links
www.rhythmikon.de : Institut Rhythmikon
www.familylab.de : Seminare „Familienwerkstatt“ nach Jesper Juul
www.blickueberdenzaun.de : Arbeitskreis reformpädagogischer Schulen www.jenaplan.de : Jenaplan-Initiative Bayern e.V.
www.jenaplan.eu/diplom.pdf : Ein Forschungsprojekt der LMU (Universität München) und eine Jenaplan-Fortbildung für Lehrer!
www.sudbury-muenchen.de : Eine weit fortgeschrittene Initiative zur Gründung einer demokratischen Schule nach dem Sudbury-Modell
www.eine-schule.de : Eine Schule für alle – in Bayern e.V.
www.tologo.de : Dieser Verlag bietet (ausschließlich) Literatur zu demokratischer Erziehung wie dem Sudbury-Modell